Wie eine verfluchte Furie fuhr sie mich an. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihr Blick glich der einer Irren. Ich wusste nicht, ob ich losrennen sollte, weil sie gleich auf mich losgehen würde.
Mein Kleinhirn arbeitete auf Hochtouren, mein Adrenalinausstoss, der mich retten wollte, bellte immerzu «Flucht» durch mein Grosshirn. Wohin? Hinter mir war nur das Fenster. Da wir im Keller
waren, hätte ich erst ein Stück hochklettern müssen. Dadurch hätte sie Zeit gewonnen, mich erwischt. Mir war von unserem letzten Treffen klar, dass sie geistig zurückgeblieben war. Oder
wenigstens hatte sie sich so benommen. Diese Situation schien ihre mentalen Ressourcen zu bestätigen. Es war damit zu rechnen, dass sie zu überlisten wäre, sie jedoch sinnlos aggressiv und
unberechenbar reagieren würde. Im fahlen Licht, das durch die dreckigen Kellerfenster drang, war der Sprühregen zu erkennen, der sich von ihrem Mund über den Betonboden ergoss, während sie
Schimpftiraden abhielt, wie sie bei einem aussichtslosen Militäreinsatz von unbeliebten, erfolglosen Offizieren gebellt werden. Ich benahm mich wie eine Statue. Ich war sprachlos. Der Inhalt
ihres Vortrages entbehrte jeder Logik in Zusammenhang mit ihrem terrorartigen Verhalten. Sie pausierte, zu kurz, um mich reagieren zu lassen, um mich dann gleich zu beschimpfen, warum ich nicht
antworten würde, weshalb ich hier wäre, was ich hier machte.
Erst erklärte ich meine Sprachlosigkeit, ihr Ton würde keine vernünftige Entgegnung zulassen. Dies brachte sie noch mehr in Rage.
In Unterwürfigkeit versuchte ich mich gleich im Anschluss, indem
ich auf die Knie fiel, sie bat, mich in Ruhe zu lassen. Flehend erklärte ich ihr, ich hätte einen Notfall und dass es nie wieder vorkommen würde. Sie genoss die Szene und mit diabolischem Blick
drosch sie verbal weiter auf mich ein. Ihr Hund an der Leine hinter ihr, schien sich zu verkriechen.
Ich zitterte noch eine Weile. Ich konnte nicht glauben, was hier passierte. Sie hatte mir den Tag, ja die nächsten Tage verdorben. Wegen nichts. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren,
schweifte ab, dachte an ähnliche Situationen: Morgens um 5:30 war es gewesen. Es hatte Sturm geläutet. An einen Notfall hatte ich gedacht, mich rapide aus dem Bett geworfen, mir in
Lichtgeschwindigkeit Etwas übergezogen und war zur Tür gestürmt. Von den langen Arbeitstagen übermüdet, hatte ich diese Ringe unter den Augen gehabt, ich hatte sie kaum auf bekommen. Ich hatte
die Türe öffnen wollen, als sie von selbst aufgegangen war.
Mein Partner war längst zur Arbeit gegangen und hatte die Wohnungstüre nicht wieder versperrt. Da war sie gestanden: Ein altmodischer Morgenrock, die Lockenwickler im schwarz gefärbten Haar, ihre
graue, faltige Haut mit Moderausdünstung. Sie hatte mich zur Sau gemacht. Mich niedergemacht. Kaum hatte ich Luft holen können. Ich war nicht fähig, es in mein Oberstübchen zu bekommen, zumal ich
endlich mal ausschlafen hatte können und nicht gezwungen war 1 1/2 Stunden zur Arbeit zu pendeln. Ich hatte ausgeholt, ihr meinen schweren Holzbuddah über den Schädel geschlagen. Nur in meinem
Kopf. Stattdessen hatte ich ihr erklärt, ich wäre die Falsche, sie müsse sich an andere wenden. Es hatte sie nicht davon abgehalten, mich mehr zu beschimpfen.
Eine weitere Nachbarin kam mir in den Sinn: Sie hatte mich vor einiger Zeit beschuldigt, Müll im Hausgang abzulagern. Eine andere Person hatte dies behauptet. Eine, die ausschliesslich mit
versteinertem Gesicht gesehen wird. Nie würde sie ein freundliches Lächeln über die Lippen bringen, niemals in einen Smalltalk einsteigen. Sie hatte glatt für den Tauschhandel abgelagerte Ware,
so ist es in diesem Haus üblich, mit unserem Namen beschriftet, die teuren Sportsachen als Müll bezeichnet. Nur Beleidigungen.
Es geht in diesem Hochhaus nicht nur um die Wäsche, wie in den vorangegangenen beiden Szenen, nein, die Bewohnerinnen scheinen insgesamt nichts Besseres im Sinn zu haben, als neu eingezogene
Personen zu erniedrigen.
Gleich am ersten Tag war eine in unserer Wohnung gestanden, hatte sich mit gerümpftem Riechkolben umgeschaut, hatte uns belehrt, was wir zu tun und lassen hätten.
Sie hat uns im Anschluss nachgestellt: Sie hat beobachtet, gerochen, geschaut. Die Gelegenheit, uns triumphierend unter die Nase zu reiben, wie wir uns ernährten, wann wir aus dem Haus gingen,
wann und was wir wie kochten, hat sie nicht ausgelassen. Das hatte mir Angst gemacht, wir hatten uns daher von ihr abgeschottet. Dies war der Anlass für sie, Gerüchte zu verbreiten. Weitere
Nachbarinnen hatten verhindert, dass ich ordnungsgemäss die Waschmaschine im Keller benutzen konnte. Die einen grüssen nicht, andere schauen gar demonstrativ weg. Einmal war mir erklärt worden,
dass ausschliesslich Asoziale, Ausländer und Gesindel hier neu einziehen würden.
Jetzt stehe ich hier; die Bettwäsche, welche ich gerne heute Abend wieder auf meinem Bett sehen würde, hängt zum
Trockenen unten. Sie ist in einer Kammer, in der meine Wohneinheit nicht zugeteilt ist. Er war frei, bietet Platz für 5 Mal so viel Wäsche, wie der, mir zugewiesene Raum. Die Hexenfratze vom
Morgen der Hausmitbewohnerin, die es wie einen Weltuntergang behandelt, wenn sie auch nur den geringsten Verdacht schöpft, jemand könne den Schlüssel für die Waschmaschine, die sie am nächsten
Tag brauchen würde, nicht vorfinden, nicht mehr aus dem Kopf bekommend. Benommen gehe ich zur Heizung. Damals, am ersten Tag hatte die Lady von oben dort herumgefummelt. Sie war ebenfalls in die
Wohnung gedrungen. Ohne Einladung, ohne, dass wir sie einlassen hätten wollen.
Was zum Teufel ist das?: Ein Abhörgerät. Eines, wie es in Geheimdiensten benützt wird. Ja, eine Abhöreinrichtung.
Jetzt reicht es. Ich nehme meine beiden scharfen Küchenmesser, renne hinaus. Zuerst knöpfe ich mir die von oben vor: Sie ist genauso überrascht, wie ich es immer gewesen war, ich dringe in ihre
Wohnung ein. Sie hat plötzlich Panik in ihren Augen; ich drücke ihr die Wanze ins linke Ohr, bis es blutet, dann durchtrenne ich ihre Achillessehne; ich schlitze sie an den Hüften so auf, dass
sie langsam verblutet. Die andere Alte mit dem Köter verfolge ich. Sie war mit ihm hinausgegangen. Ich entreisse ihr das Kacksackerl, reisse es auf, quetsche es ihr in den Mund. Ich höre nichts
mehr von ihrem Flehen und Geschrei. Ich hetze den Hund auf sie. Dachte ich es mir: Sie hat das Vieh nicht im Griff. Er zerreisst sie und so bin ich es nicht gewesen, schliesslich sind wir schon
hinter dem Gebüsch und ausser Sichtweite. Das Tütchen mit den Fingerabdrücken ergreife ich, vergrabe es ums Eck.
Danach nehme ich mir die unter mir mit den Lockenwicklern vor. Nein. Die wird im 5-Minutentakt aufgeweckt. Wesentlich besser. Ich kann ohnehin nicht schlafen heute, das ist klar. Beim dritten Mal
schimpft sie erneut mit mir. Das Küchenmesser kommt wieder zum Einsatz. Es bearbeitet erst ihre Beine, dann den Hals. Fehlt nur noch die eine. Auch sie hat einen Hund. Der Mann hat ihn nicht im
Griff. In ihre Wohnung dringe ich ebenfalls ein. Es ist ein Leichtes. Sie alle denken, nur sie wären fähig, das zu bewerkstelligen. Er ist zu Hause. Ich zwinge ihn, den Schäfer auf sie zu hetzen,
das Spiel mit dem zu grossen Haustier für eine Zweizimmerwohnung wiederholt sich. Sie bleibt liegen. Dem Mann drücke ich ein Messer seiner eigenen Küche in den Bauch. Es tut mir leid, er war
nett, aber mit der falschen Frau zusammen. Das ist erledigt. Alle Hexen beseitigt.
Virtueller Hut: Du förderts so die Schreibkunst:
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