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Boss

Eine Persönlichkeitsstörung soll ich haben? Ganz und gar nicht! Sicher bin ich sensibel, rieche Feuer, wenn andere erst schwitzen müssen, bevor sie es wahrnehmen, stelle blitzschnell und präzise Zusammenhänge her. Am Liebsten ist es mir dabei, aus der Erde einen lebenswerteren Platz zu machen. Nachhaltig besser, allerdings. Alle schauen immer nur auf sich. Das ist langfristig ein Killer für unsere Heimat. Die Umwelt ist lediglich ein Beispiel. Es ist logisch, dass unser Lebensraum darunter leiden muss, wenn wir den Müll in den Wald kippen, oder unser Auto bis an den Anschlag beschleunigen. Was da gestört sein soll, frage ich mich. Dass sich dies nicht immer mit den Regeln vereinbaren lässt, ist eine andere Sache. Natürlich ist es nicht erlaubt, Gegenstände fremder Leute aus dem Weg zu räumen, sodass wir weniger CO2 in der Atmosphäre haben. Hunde sind gesetzlich solche Dinge, sie fressen Fleisch. Viel totes Tier. Das muss hergestellt werden. Die Lebewesen, die unsere Haustiere verspeisen, verbrauchen schon CO2, wenn sie noch nicht mal auf der Welt sind, weil für sie Futter produziert wird.

Wie dem auch sei. Ich denke ambitionierter. Den Boss meines Freundes aus dem Weg zu räumen, bedurfte eben mehr Mut. Natürlich war mir klar, dass ich dabei ein gewisses Risiko eingehen würde. Die scharfsinnigsten Gedanken irren dann und wann herum und führen zu Fehlern. Auf keinen Fall ist es der Beweggrund, der mich verraten würde. Im Endeffekt bin ich weit genug weg. Ich kenne mein Opfer nicht mal persönlich. Da das Motiv das wichtigste Aufklärungskriterium in einem Mordfall ist, habe ich mir nicht mal die Mühe gemacht, die Leiche verschwinden zu lassen. Er flog ganz einfach über die Brücke. Gar nicht so schwierig. Da spazierte er letztlich Tag für Tag mit dem russischen Barsoi seiner Frau darüber.
 
Geschafft habe ich es. Wieder ein Beweis, dass ich durchaus im vollen Besitz meiner geistigen Fähigkeiten bin. Schliesslich musste ich das Objekt erst observieren, herausfinden, wann er was tat und dafür sorgen, dass ich ein Alibi hatte.
 
Allerdings war die Sache mit der Motivation herausfordernd. Klar war zwar, dass er beseitig werden musste, während dieses innere Feuer, dieser Drive erst gepflegt und aufgebaut werden musste. Schnell stellte sich heraus, dass ich, immer wenn ich ihn sah, so richtig viel Energie in mir aufbaute. Sie schien sich von selbst aufzubauen. Ich brauchte ihn nur zu erkennen und schon wurde mir in einer Millisekunde wieder klar, dass er von der Welt geschafft werden musste. Unsere Erde ist eine bessere ohne ihn. Der grosskotzige Lebensstil. Das 10-fache des CO2-Fussabdruckes einer durchschnittlichen Person hat er mit seinen Ferienhäusern, Old-Timern, Yachten, Geschäftsflügen produziert. Das ZAHNFACHE! Das ist ein gutes Ziel gewesen! Ausserdem rettet sein Tod gewissermassen unsere Beziehung. Es ist schliesslich strapaziös mit einem zu leben, der dem Burn-Out ständig nahe ist, der schlaflose Nächte hat, keine Zeit und dauernd Sorgen.
 
Wäre ich geistig gesünder, lebte ich in der Opferrolle?

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